Skip to main content
DE / EN
19. November 2018 | Klub Junge Akademie

Thema Südtirol

Leben in einem fremden Staat

Vor nun knapp 100 Jahren wurde Südtirol durch italienische Truppen besetzt. Am 3. November 1918 schloss Österreich-Ungarn mit Italien ein Waffenstillstandsabkommen und durch den Vertrag von Saint-Germain zwischen den Siegermächten des Ersten Weltkrieges und der neu geschaffenen Republik Österreich wurde Südtirol Teil des Königreiches Italien und somit die nördlichste Provinz des Stiefelstaates.

Somit leben die Südtiroler seit über 100 Jahren in einem fremden Staat. In dieser langen Zeit erlebten die Südtiroler zunächst die Unterdrückung durch das faschistische Regime, das Südtirol mit Zwang zu einer italienischen Provinz machen wollte.

Das demokratische Nachkriegsitalien enttäuschte alle Hoffnungen der Südtiroler, indem es die Italianisierung Südtirols zwar mit subtileren Methoden, aber unvermindert weiter vorantrieb. So wurde der Zuzug von Italienern massiv gefördert, um die deutschen und ladinischen Südtiroler in ihrer eigenen Heimat zur Minderheit zu machen.

Die Südtiroler wurden dadurch zum Widerstand genötigt, der zunächst passiv ablief. Als dies keinen Erfolg brachte, kam es ab den 1960er Jahren zu Sprengstoffanschlägen auf Strommasten sowie Einrichtungen des italienischen Staates.

Erst die Zuerkennung einer gewissen Selbstverwaltung („Autonomie“) durch das sog. „Paket“ im Jahre 1972 brachte eine Entspannung der Situation. Die massenhafte Ansiedlung von Italienern wurde gestoppt, die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zwischen den Volksgruppen gerecht aufgeteilt (sog. „Ethnischer Proporz“), die deutsche Schule wurde gewährleistet.

Als Ergebnis dieser Autonomie steht Südtirol heute als wohlhabende, kulturell gefestigte Region da, in der ein ausgewogenes Volksgruppenverhältnis herrscht (73% Deutsche, 23% Italiener, 4% Ladiner). So sehr die Autonomie uns Südtirolern Wohlstand, Frieden und die Sicherung unserer kulturellen Eigenständigkeit gebracht hat, so sehr empfinden viele Südtiroler die Zugehörigkeit zu Italien als ein „Leben in einem fremden Staat“.

Ein historischer Schritt ist die Ermöglichung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler. Dieser Punkt wurde erfreulicherweise in das Regierungsprogramm der neuen österreichischen Bundesregierung aufgenommen und wird derzeit auf seine Durchführbarkeit überprüft. Eine Doppelstaatsbürgerschaft stärkt mit Sicherheit das Identitätsbewusstsein der Südtiroler und stellt einen weiteren Schritt zum Vaterland Österreich dar.

Hannes Zingerle, 2018

© 2024 Freiheitliches Bildungsinstitut. Alle Rechte vorbehalten.