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31. März 2017 | Buchempfehlungen

Inside Islam

Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird

Inside Islam

Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird

Verlag Econ 2017, 253 Seiten, ISBN 978-3-430-20218-3, € 18,--

In Deutschland leben über vier Millionen Muslime. Der wöchentliche Besuch in der Moschee ist für viele von ihnen selbstverständlich, jeden Freitag predigen tausende Imame in vollen Gebetshäusern. Dabei wissen wir nicht einmal genau, wie viele Gebetsstätten es hierzulande gibt. Schon sie zu finden, ist oft eine Herausforderung. 

Rezension:

Die Intention des vorliegenden Buches ist einen Einblick in einige Predigten, die in dreizehn, vom Autor Constantin Schreiber willkürlich ausgewählten, Moscheen in deutschen Städten wie Berlin, Hamburg oder Karlsruhe etc. stattgefunden haben, zu bieten. Es ist ein düster anmutendes Buch, eines, das in der Integrationsdebatte in Deutschland und Österreich unbedingt zur Sprache kommen sollte.

Viele von uns wissen oder glauben zu wissen, was eine Moschee ist. Aber ist es ein Gotteshaus, analog einer Kirche, oder doch ein politischer Versammlungsort? Einige Interessierte haben sich vielleicht bereits an einem Tag der offenen Tür in eine Moschee begeben und über den Zweck eines islamischen Gebetshauses instruieren lassen. Jedoch wissen die wenigsten, was während der Freitagsgebete gesprochen wird, da die Prediger bzw. Imame in den allermeisten Fällen in ihren Landessprachen vortragen.

Der fließend Arabisch sprechende Buchautor, Moderator und frühere Medienreferent im deutschen Außenministerium setzt den vielen Spekulationen über die Inhalte von Freitagspredigten ein Ende, indem er sich in das Innerste der Moschee begibt. Er setzt seine Besuche in einen zeitlichen Kontext und lässt die Predigten anschließend von Experten analysieren. Ebenso versucht er mit den Imamen ihre Aussagen zu erörtern, was aber in zahlreichen Fällen nicht gelingt, denn viele von ihnen ließen sich verleugnen oder andere wiederum sprechen, z.B. auch nach vier Jahren in Deutschland (Seite 78), kaum Deutsch.

Laut dem Nahostexperten Schreiber geht es ihm nicht „um eine repräsentative Umfrage, sondern um eine Reportage.“ (Seite 233) Seine Besuche fanden in den Moscheen von schiitisch oder sunnitisch geprägten Gemeinden statt, wo die Predigten entweder in arabischer oder in türkischer Sprache abgehalten wurden. Schreiber besuchte die Moscheen mit offenem Visier. Wenn er sich nicht anmeldet hatte, so wunderte er sich spätestens nach Ende der Predigt, dass er niemals gefragt wurde, „was [er] dort wolle.“ (Seite 235) Argwohn entstand oftmals erst, als er zurückkehrte, um zu versuchen mit den Imamen zu sprechen.

Vor allem die Frage der Integration stand bei seinen Besuchen im Vordergrund, d.h. ob die Inhalte der Predigten – wie beispielsweise das Verbot, das Weihnachtsfest mitzufeiern – eine Integration der Muslime in Deutschland fördern. Diese Frage ist angesichts der hohen Zahl an Muslimen und der zunehmenden Anzahl an muslimischen Flüchtlingen in Deutschland durchaus berechtigt. Die Antwort des Autors darauf ist eine ernüchternde, wenn auch nicht überraschende.

Interessant erscheint auch die Reflexion des Autors über das komplette Fehlen einer Diskussion über Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der europäischen Gesellschaft. Ebenso wurde das Verhältnis der Muslime zu Vertretern anderer Religionen, insbesondere der Christen, trotz einer (noch) christlich geprägten Aufnahmegesellschaft in keiner Predigt thematisiert.

Schreibers Bilanz seiner achtmonatigen Recherche lautet daher:

„Bestenfalls waren die Predigten dichte, religiöse Texte, die die Zuhörer in einer anderen Welt halten, schlimmstenfalls wurde das Leben in Deutschland, Demokratie und unsere Gesellschaft abgelehnt. Ich würde gerne ein positives Beispiel anführen, eine Predigt, die Weltoffenheit ausstrahlt, eine Brücke baut zum Leben in Deutschland. Leider haben meine Moscheebesuche ein solches Beispiel nicht ergeben.“ (Seite 245)

In diesem sonst sehr informativen und augenöffnenden Buch wäre an mancher Stelle eine genauere Auseinandersetzung mit bestimmten islamischen Begriffen zum besseren Verständnis des Islam nützlich gewesen. Beispielsweise sagte ein Prediger „Gott fordert uns auf, keine Unruhe auf Erden zu stiften.“ (Seite 117). Die Experten hätten diese Aussage, wie eben auch die in dieser Predigt angesprochenen Dschinnen (außerislamische Geisterwesen), genauer - anhand der Suren 2:11 sowie 5:33 (im Kontext mit 5:32) im Koran - erläutern sollen. Die erste Sure spricht von „Verderbnis auf Erden“, die letztere erklärt, was unter „Verderbnis erregen“ verstanden wird, nämlich „Krieg führen gegen Gott und Seinen Gesandten“, womit die „feindselige Gegnerschaft“ gegen den Islam und seine ethischen Gebote gemeint ist. Die Aussage „keine Unruhe auf Erden zu stiften“ ist überdies von Wichtigkeit, da ein weiterer Imam „getötet werden ohne rechten Grund“ erwähnte (Seite 135), was bedauerlicherweise auch nicht diskutiert wurde. Man sollte aber erfahren, dass die Konsequenz für Menschen, die Verderben stiften, in deren Tötung, Kreuzigung, Verstümmelung der Hände und Füße oder Vertreibung besteht.

Die von Schreiber zu Rate gezogenen Islamwissenschaftler und Experten wurden zwar namentlich, aber leider nicht mit ihren Referenzen, die den Erklärungen sicherlich mehr Gewicht verleihen hätten können, im Anhang erwähnt. Die Anmerkungen im Anhang, worin islamische Begriffe und Inhalte der Predigten durch die Übersetzer genau erläutert werden, sind hingegen äußerst positiv und v.a. für Laien verständlich dargelegt.

Fazit:

Es handelt sich um ein wichtiges Buch der heutigen Zeit, da es Einblick in die Gedankenwelt einiger in Deutschland predigenden Imame gibt. Der Nebentitel des Buches hätte auch „Was in Deutschlands und Österreichs Moscheen gepredigt wird“ lauten können, da das Rechercheergebnis durchaus auch für Österreich repräsentativ wäre. Erschreckend jedenfalls, dass in den Predigten kein Wort des Bedauerns über die Toten der Terroranschläge verloren wird; erschreckend, dass darin Integration nicht gefordert wird; erschreckend, dass all dies den Behörden nicht bekannt ist. Oder doch?

Lesbarkeit:                         ****                                    

Verständlichkeit:                  ****

Brisanz/Spannung:              ****                                      

Argumentationsnutzen:        ****



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