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16. November 2006

Abschied von Multikulti

Wege aus der Integrationskrise

Verlag: Resch Verlag, ISBN-10: 3935197462, ISBN-13: 978-3935197465

 

Käme man in die Situation einen Marsmenschen, der gerade auf dem Planeten Erde gelandet ist, über die Zuwanderungs- und Integrationspolitik seit den Sechziger Jahren in Deutschland, Österreich oder anderen europäischen Ländern aufklären zu müssen, so  sollte man ihm „Abschied von Multikulti“ in die Hand drücken. Dies ist keine zu hoch gegriffene Beurteilung, vielmehr erfüllt „Abschied von Multikulti“ die Bezeichnung „Standardwerk“ aufgrund der Form und des Inhalts sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht voll und ganz.

Auf fast 500 Seiten stellt Stefan Luft die verfehlte Zuwanderungspolitik und gescheiterte Integrationspolitik der Bundesrepublik Deutschland von den Anfängen bis heute (2006) dar. Dass Luft sich bei diesem Mammutunternehmen auf Deutschland beschränkt, schmälert die Relevanz und Brisanz für Österreich nur geringfügig, da die großen Trends und strukturellen Probleme im Zuwanderungs- und Integrationsbereich in beiden Staaten sehr ähnlich sind.

Der Autor, Politikwissenschafter und –berater, beeindruckt durch eine unvoreingenommene, wissenschaftliche Herangehensweise an dieses komplexe und ideologiebehaftete Thema. Er nennt Probleme beim Namen, beugt sich nicht der politcal correctness, differenziert aber ebenso und verdeutlicht, dass aufgrund der Vielschichtigkeit der Probleme nur ein umfassender integrationspolitischer Ansatz Erfolg versprechen kann.

Dabei ist Luft sicher kein Utopist, ebenso wenig gehört er zu jenen Stimmen, die den Weltuntergang predigen und meinen, dass schon alles verloren sei. Beherzt nimmt er sich des Themas an und geht dabei vor allem auf folgende Aspekte bzw. Probleme ein:

  • Entwicklung, Hintergründe und schlimmste Fehler der Zuwanderungs- und Integrationspolitik seit den 1960ern („laissez faire“-Politik, Familiennachzug uvm.);
  • Ethnische Kolonien, soziale und ethnische Entmischung in den Städten;
  • Die Probleme mit türkischen Zuwanderern und Problemursachen; ethnisch abgeschottete Subkulturen, Zwangsheiraten und Ehrenmorde;
  • Die integrationspolitischen Schlüsselbereiche: (Aus)Bildung, schulische und elterliche Erziehung;
  • Die bedeutendsten Integrationsbarrieren: Segregation, Sprache und Bildung
  • Die Problembereiche Kriminalität und Gewalt, Sozialmissbrauch und Arbeitslosigkeit;
  • Die Debatte um Staatbürgerschaft & Integration;
  • Den integrationspolitischen Diskurs in Politik zwischen Inhaltsleere und Polarisierung;
  • Konzeptimmanente Gründe für das Scheitern des Multikulturalismus;
  • Die Gefahren eines Beitrittes der Türkei zur Europäischen Union;
  • Die wichtigsten Lösungsansätze

Dabei werden die Themen nicht nur deskriptiv abgehandelt, der eigentliche Wert entsteht durch die Erörterung der Dynamiken und Mechanismen, die hinter den Problemen stecken und wie diese miteinander zusammenhängen. Das Buch dient also nicht nur der Bestätigung bereits vorhandener Meinungen und Annahmen des Lesers, es trägt vor allem zur Wissenserweiterung im Bereich Integrationspolitik bei und bringt Schattierung in eine Materie, die allzu oft schwarz-weiß gezeichnet wird.

Zur Untermauerung der Aussagen und Thesen wird auf eine Fülle von Zitaten, Graphiken und Tabellen zurückgegriffen, die jedoch nur einen Teil der zahlreichen qualitativ hochwertigen Quellen ausmachen. Zusätzlich gibt es nach jedem der zehn Kapitel eine Zusammenfassung, die es dem Leser erleichtert, den Überblick über die Kernaussagen zu behalten.

Aus freiheitlicher Perspektive besonders wichtig ist auch die zentrale These des Buches, dass das Konzept des Multikulturalismus gescheitert ist. Das bis vor kurzem noch beherrschende Paradigma, dass für ein funktionierendes Zusammenleben die Hekunftskultur der Einwanderer erhalten werden kann, hat sich als gefährliche Träumerei entpuppt. Luft stellt klar, dass jene Elemente der Herkunftskultur – auch unter Zwang – abgelegt werden müssen, die mit der deutschen Kultur und dem einheimischen Rechtssystem inkompatibel sind.

Angenehm fällt bei der Argumentation auf, dass Luft ohne jegliche Polemik auskommt. Aufgrund der Dichte an Information und der klaren Darstellung der Dimension der Problematik, ist „Abschied von Multikulti“ jedoch nur in kleinen Dosen verarbeitbar. Insgesamt aber sei diese großartige Abhandlung über die freiheitlichen Kernthemen „Zuwanderung“ und „Integration“ jedem, der sich mit dem Thema näher auseinandersetzen will, wärmstens ans Herz gelegt.

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